Nach den Worten der Kirchenhistorikerin Irene Dingel haben die Religionsfrieden der Frühen Neuzeit die Verhältnisse von Politik, Religion und Recht maßgeblich beeinflusst. Sie seien „Schrittmacher der Entwicklung eines modernen Toleranzgedankens“. Anlässlich des Themenjahres „Reformation und Politik“ sprach die Direktorin des Leibniz-Instituts für Europäische Geschichte (Mainz) am Donnerstag in der Bibliothek und Medienzentrale der Evangelischen Kirche der Pfalz zum Thema „Das Recht haben, bei Religion, Glauben, Kirchengebräuchen in Frieden zu bleiben“.
In den europäischen Religionsfrieden des 16. Jahrhunderts, des Reformationsjahrhunderts, zeige sich das Beziehungsgeflecht von Religion und Politik „wie in einem Brennglas“, sagte Kirchenpräsident Christian Schad in seiner Begrüßung. „Religionsfrieden sollten das friedliche Nebeneinander organisieren – und dem Gemeinwesen Fortbestand und Funktionsfähigkeit ermöglichen“, erklärte Schad. Das Zusammenwirken von Religion und Politik habe alle Epochen der Geschichte durchzogen, führte die Referentin aus. Religion habe oft gestaltend auf politisches Handeln und gesellschaftliche Strukturen gewirkt, aber auch umgekehrt Einflüsse politischen Handelns integriert.
Mit Blick auf den Frankfurter Anstand (1539), den Augsburger Religionsfrieden (1555), das Edikt von Saint-Germain-en-Laye (1561) und die Warschauer Konföderation (1573) bezeichnete die Professorin für Kirchengeschichte an der Universität Mainz die Religionskriege und Religionsfrieden als ein „Charakteristikum der Frühen Neuzeit“, die im Spannungsfeld von Religion und Politik eine wichtige Rolle spielten. Dass Gewalt häufig religiös motiviert und umgekehrt politisch motivierte Gewalt religiös verbrämt wurde, sei vor dem Hintergrund aktueller Erfahrungen zunehmend Gegenstand von Diskussionen und wissenschaftlicher Forschung.
Im Anschluss an den Vortrag hatten die rund 90 Gäste Gelegenheit, sich in einer von der Leiterin der Bibliothek und Medienzentrale, Traudel Himmighöfer, zusammengestellten Ausstellung zur Thematik des Vortrages zu informieren. Johannes Vogt an der Laute begleitete den Abend musikalisch.