Verhandelt wird gegen drei zur Tatzeit noch Jugendliche, die gemeinsam am 31.07.2013 einen Rentner im Ludwigshafener Stadtteil Edigheim überfallen, beraubt, gefesselt und geknebelt haben. In der Folge ist der Geschädigte an seinen Misshandlungen und Fesselungen und Knebelungen verstorben. Die Angeklagten haben den Wehrlosen ohne Hilfe in seiner Wohnung zurück gelassen. Angeklagt sind A., 20 Jahre als mutmaßlicher Haupttäter, Ö, 19 Jahre und E., 18 Jahre ebenfalls als Mittäter. Die Angeklagten fallen unter das Jugendstrafrecht. Aus diesem Grund müssen sich sie sich vor der großen Strafkammer als Jugendkammer beim Landgericht Frankenthal verantworten.
Den Vorsitz führt Richterin Van Daele-Hunt mit den beiden Berufsrichtern Marx und Schräder, sowie zwei ehrenamtlichen Schöffen. Staatsanwalt Baum als Vertreter der Anklage wirft den Dreien vor, als Heranwachsende einen Raub mit Todesfolge in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie einen Totschlag durch Unterlassen begangen zu haben.
Die Anklage
So sollen Sie nach gemeinsamer Planung am 31. Juli 2013 in Ludwigshafen am Rhein unter anderem unter Mitführens einer geladenen Schreckschusspistole in die Wohnung des Opfers eingedrungen, den Geschädigten mehrfach Faustschläge ins Gesicht geschlagen und ihm Schmuck, welchen er am Körper trug, entrissen haben.
Während sich das Opfer weiter gewehrt habe, sei ihm von einem der Angeklagten, entsprechend des gemeinsamen Tatplans der Hals zugedrückt worden sein.
Als der Geschädigte das Bewusstsein verloren habe, hätte einer der Angeklagten zwar eine Herzmassage durchgeführt bis er festgestellt habe, dass das Opfer atmete; anschließend hätten die Angeklagten den Geschädigten aber geknebelt und gefesselt, die Wohnung nach Wertgegenständen durchsucht und weiteres Bargeld Schmuck und weitere Gegenstände erbeutet.
Als die Angeklagten die Wohnung schließlich verließen, soll ihnen bewusst gewesen sein, dass das Opfer ohne fremde Hilfe werde sterben können. Dieses soll kurze Zeit später tatsächlich aufgrund der Knebelung verstorben sein.
Danach begann die freiwillige Einlassung (Aussage) der Angeklagten. Als Erster fing der beschuldigte mutmaßliche Haupttäter A. an. Er schilderte sehr schnell die Ereignisse am 31.07.2013 aus seiner Sicht.
Der Angeklagte E. hätte das spätere Opfer erst ausgekundschaftet. So habe er ihn am Berliner Platz in Ludwigshafen zufällig gesehen und ihn dann bis nach Oppau verfolgt. Den dritten Täter Ö. habe er angesprochen und gesagt, dass er was Großes vorhabe. Er und Ö. kennen sich von Kinderzeiten an und waren eng befreundet. A. und E. war klar, dass sie einen Fahrer benötigten um schnell den Tatort verlassen zu können.
Am Tattag sei man zuerst mit dem Auto vorgefahren und hätte sich kurz besprochen. Dann sei man hoch in den 17. Stock des Hauses in der Kranichstrasse. E. Man hätte an der Tür geklingelt. Als das Opfer die Tür öffnete habe E. so getan als wolle er auf Toilette. Dann sei er., A. hinzugekommen und habe dem Wohnungsinhaber einen Faustschlag ins Gesicht verpasst. Alle Drei drängten danach in die Wohnung. Einer schloss die Tür. Als sich das Opfer wehrte habe man ihm noch weitere Faustschläge und Tritte verpasst.
Bis hierhin sind die Aussagen der drei weiteren Beschuldigten weitgehend deckungsgleich. Ab dem Fesselungs- und Knebelungsvorgang unterscheiden sie sich in wenigen wesentlichen Punkten. Man habe das Opfer gefesselt um zu verhindern, dass es die Polizei verständigen kann. Angeklagter A. und Ö. wollen nachdem sie feststellten dass der Geschädigte nicht mehr atmete, Herzmassagen durchgeführt haben. Zu diesem Zeitpunkt lag das Opfer auf dem Bauch mit den Händen auf dem Rücken gefesselt. Er erzählte, dass sie das Opfer mit einem Bademantelgürtel gefesselt haben, der so stark zugezogen wurde dass er zerriss. A. sagte weiter aus dass beim Verlassen der Wohnung keiner daran dachte der Überfallene könne nicht mehr leben. In der Folgezeit der Tat habe man sich darüber nicht verständigt und keine Gedanken darüber gemacht.
Der Täter aus Oppau
A. stammt aus einer türkischen Familie. Er sei das Mittlere von sieben Geschwister. Der Vater sei Gleisbauer bei der Deutschen Bahn. Seinen Hauptschulabschluß habe er in Edigheim gemacht und danach eine Lehre als Gerüstbauer begonnen. Durch einen Arbeitsunfall sei er längere Zeit arbeitsunfähig gewesen und lebte von den Zahlen der Unfallversicherung und seinen Eltern in Oppau. Bei denen lebte er bis zu seiner Festnahme im August 2013.
So habe er mit 12 Jahren mit Drogen angefangen. Zuerst Haschisch dann Marihuana und natürlich Alkohol. Dies durchgängig bis zu seiner Festnahme. Auf die Frage des Gerichts woher er denn soviel Geld habe antwortete der Beschuldigte unklar. Alkohol und Drogen hätten eine große Rolle in seinem Leben gespielt. Eine Begründung wie er seinen regelmäßigen Drogenkonsum finanzierte lieferte der Beschuldigte nicht. Erst durch die Untersuchungshaft habe er mit dem Entzug beginnen müssen. In der JVA habe er mit Förderunterricht begonnen und beabsichtige einen Realschulabschluß nachholen. Danach plant er eine Lehre als Schweißer. Der Angeklagte E. hätte ihn ständig erpresst. Seine Freundin sei schwanger gewesen, wovon E. wusste. Er habe damit gedroht, dies der Familie der Freundin zu erzählen. Dies hätte Folgen für seine Freundin gehabt. Sie wäre vermutlich in die Türkei zurückgeschickt worden. Auch nach einer zweiten Schwangerschaft, und erfoglter Abtreibung sei die Erpressung weitergegangen.
Täter 2 mit guter Ausbildung
Der zweite Angeklagte Ö. schilderte dann aus seiner Sicht die Dinge um den 31.07. 2013 und gab ebenfalls Einblick in seinen Werdegang. Er kam ab der 8. Klasse mit Drogen in Berührung, habe aber immer mal wieder längere Pausen eingelegt in denen er nichts genommen haben will. Alkohol habe er nur am Wochenende zu sich genommen. Zuerst wohnte er in Mannheim. Später ging er dann in Ludwigshafen auf die Gesamtschule in der Gartenstadt.
Bis zu seiner Festnahme befand er sich in der Ausbildung zum Chemikant bei der BASF in Ludwigshafen; Am Ende des zweiten Lehrjahres. Genau wie sein Vater, der ebenfalls im gleichen Beruf und in der gleichen Firma arbeitet wollte er seine Lehre zu Ende bringen und dann als Chemikant arbeiten. Nach seiner Festnahme wurde ihm der Ausbildungsplatz gekündigt. Zu seiner Zukunft befragt, gab er an dass er eine Ausbildung machen wolle und wenn es geht bis zum Fachabitur. Die Beziehung zu seiner Freundin habe er wegen der zu erwartenden, hohen Haftstrafe von sich aus beendet um seiner Freundin die schwere Zeit zu ersparen. Er vermittelte den Eindruck dass er gefestigt sei und aus stabilem Haus stammt. Umso unklarer seine Rolle bei der Tat.
Ein Entschuldigungsbrief an die Tochter des Opfers
Er betonte während seiner Aussage an die Adresse der Nebenklägerin, der Tochter des Getöteten, wie leid es ihm täte. Er hätte dies während der Haft bereits in einem Brief an die Frau zum Ausdruck gebracht.
Sie blockte diesen Versuch der Annäherung sofort ab und beschied dem Angeklagten:
Du bekommst deine Strafe – Ich habe Ihn (den Vater) nicht mehr.
Daraufhin legte sich Ö. auch gegenüber dem Anwalt der Nebenklägerin vollmundig und klar fest: Ich zahle Wiedergutmachung verkündete er.
So mancher im Saal fragte sich allerdings, was da noch wieder gut zu machen sein könnte? Dennoch blieb seine Rolle im Dunkeln.
Er sei nur als Fahrer engagiert gewesen. So erzählten es die beiden anderen A. und E. Doch er war während der Tat mit dabei und traktierte das Opfer genauso wie die anderen Beiden. Erklären konnte er auf Nachfrage des Gerichts seine Tatbeteiligung bis heute nicht.
"Ich verstehe nicht warum ich das gemacht habe".
Ein zweiter Entschuldigungsbrief kam von E.
Täter 3 der Jüngste – Ein Opfer?
Der dritte Täter E. ist der Jüngste. E. lebte als Scheidungskind unter eher schwierigen Verhältnissen. In der siebten Klasse sei er sitzengeblieben. Eltern hatten sich getrennt. Zwischendurch lebte er 9 Monate in der Türkei. Besuchte dort eine Koranschule. Dort sei es gut gelaufen. Weil er wieder zu seinem Vater wollte, kam er nach Deutschland zurück. Er wurde auffällig durch Diebstahl und kleinere Delikte. Um seine Schule habe er sich wenig gekümmert. Von 2010 bis 2011 sei er zu Hause gewesen und habe auf seine Brüder aufgepasst. In die Schule sei er nicht mehr gegangen. Vielmehr habe er seinem Vater im Haushalt geholfen. Schule hatte ihn nicht mehr interessiert. Er sei ebenfalls mit Drogen in Kontakt gekommen und habe deshalb keinen Abschluss und keine Zukunft.
2011 habe er einen Diebstahl begangen weil er Geld brauchte. 2012 beging er unter Alkohol eine Körperverletzung. In der JVA will er eine Ausbildung zum Schlosser machen.
Auch er ließ sich dann zum Geschehen vor, während und nach der Tat ein.
So habe er das spätere Opfer zufällig am Berliner Platz in Ludwigshafen gesehen und sei ihm dann absichtslos und spontan bis zum Aldi in Oppau gefolgt. Einer ersten Schätzung zufolge seien bei dem Geschädigten 15.000 Euro drin. Doch zunächst sei nichts geplant gewesen. Auf Nachfrage des Gerichts behauptete er, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Absicht hatte den Mann zu überfallen und zu berauben.
"Ich weiss nicht warum ich ihm gefolgt bin"
Den Angeklagten A. habe er erst ca. 2 bis 3 Jahre vor der Tat kennengelernt. Dieser sei ihm gegenüber immer mal wieder gewalttätig gewesen, so dass er vor ihm Angst hätte. Der Angeklagte Ö. schilderte das Verhältnis so, dass der kleinere E. die Marionette vom stärkeren A. gewesen sei. A. hätte von ihm Geld verlangt und ihn seinerseits erpresst bzw. Druck gemacht er solle seine Schulden bei ihm begleichen. Schulden die entstanden als A. ihm immer wieder mal Geld oder Drogen gab. Daraufhin habe er sein Handy versetzt und das Geld ca. 200 Euro A. gegeben. In der Folge habe A. den Druck auf ihn stetig erhöht. Das Geld habe ihm nicht gereicht.
A. hätte immer mal wieder Tütchen abgepackt und E. gezwungen die Drogen zu verkaufen. Auch hätte A. einmal von einem Kilo Kokain gesprochen was man verkaufen könne. Zu der Zeit übernachtete A. auch gegen den Willen des Vaters von E. regelmässig in deren Wohnung. Der Vater habe A. dann „so etwas wie Hausverbot“ gegeben. Der Vater hätte wohl geahnt dass A. nicht gut für ihn sei. An das Verbot hätte sich A. allerdings nicht richtig gehalten.
„Er tauchte ein- bis zweimal die Woche noch bei uns auf.“
Weil er ihm kein Geld geben konnte, habe A. ihn kontinuierlich bedroht.
„Er hat mich immer wieder aufgefordert Geld zu beschaffen. „
Einmal sollte er 100g Gras für ihn verkaufen. Auch hätte A. ihn geschlagen und ihm ein anderes Mal ein Messer in den Po gesteckt. Warum er nicht zur Polizei gegangen sei, wollte da Gericht wissen:
Es wäre doch klar was dann passiert. Die Ärzte würden dann die Polizei einschalten. Und das wolle er nicht.
Diese Taten bestreitet A. teilweise begleitet mit Kopfschütteln energisch. Zumindest hieß es, dass es für die Attacken auf E. Zeugen gäbe.
Dann schilderte er weiter wie er das Opfer auskundschaftete, ihm bis nach Hause folgte und dann A. davon erzählte. Er wollte zunächst gar nicht mitmachen behauptete E. Inzwischen soll A. den Ö. als Fahrer engagiert haben. Dieser habe zugesagt. A. hätte gesagt, dass er etwas Großes vorhabe und ob er als Fahrer mitmachen wolle?
Zuerst nur ein Einbruch
Dann habe man sich vor dem eigentlichen Tattag einmal vor dem Haus in der Kranichstrasse getroffen und die Tat gemeinsam abgesprochen. Zunächst war nur ein Einbruch geplant. Der E. solle alleine hochgehen, in die Wohnung gelangen, alles Mögliche rauben und wieder zurückkommen. Er sei dann hochgegangen, habe aber nicht in die Wohnung des Opfers gelangen können. Er habe Nachbarn gehört und Angst vor Entdeckung bekommen. Als er wieder nach unten ins Auto kam, habe der Angeklagte A. zu ihm gesagt, dass er keine Eier hätte. Und er hätte weiter Druck auf ihn ausgeübt.
Der Tattag
Am Tattag habe man sich wieder vorher getroffen. Diesmal ca. 16 Uhr im Oppauer Park. Man habe wie so oft einen Joint gemeinsam geraucht und sei dann später zum Pennymarkt in Oppau gefahren. Dort um die Ecke befindet sich die Kneipe in der E. das spätere Opfer wieder sah. Obwohl er die Tat nach seiner Aussage nicht durchführen wollte, machte er die Anderen darauf aufmerksam dass das Opfer sich in der Kneipe aufhält.
Die vorsitzende Richterin hakte nach: Warum haben sie den Anderen erzählt, dass das Opfer in der Kneipe war? Hätten Sie geschwiegen wäre alles vielleicht anders ausgegangen? Sie wollten doch die Tat nicht, Oder?
Darauf wusste der Angeklagte E. wie so oft an diesem Tag keine Antwort.
Die Tat geschildert von E.
Wir saßen vor dem Haus in der Kranichstrasse. Ich wollte im Auto bleiben. A. habe Mützen besorgt weil bekannt war dass es im Anwesen eine Video-Anlage gab. Wir wollten nicht erkannt werden. Zusätzlich habe man sich noch Handschuhe und Socken besorgt. Die Schuhe wurden ausgezogen und die Socken angezogen um keine Spuren zu hinterlassen. Die beiden Anderen seien hochgefahren. Er habe zuerst im Auto gewartet. Vor der Wohnung habe ihn dann A. per Handy aufgefordert hoch zu kommen. Er sei dann an die Tür und habe beim Geschädigten geklingelt.
Als das Opfer die Tür öffnete, habe er etwas von „Kann ich hier aufs Klo“ genuschelt.
Der Ausgespähte durchschaute offensichtlich die Absicht (Wer fährt in den 17. Stock um aufs Klo zu wollen? d. Red.), schrie er den Angeklagten angeblich an „Verpiss dich“ So gleich sprang A. aus seiner bisherigen Deckung hervor und verpasste dem Opfer einen Faustschlag ins Gesicht. Dieser fiel zurück in die Wohnung, gegen eine Tischkante, stürzte auf den Boden und blieb dort liegen. Dann habe er angefangen zu schreien. E. wollte ihm den Mund zu drücken. Ob er ihm auch, wie es in der Anklage steht, laut des gemeinsamen Tatplanes den Hals zudrückte bliebt unklar. Daraufhin habe ihm A. nochmals zwei Faustschläge verpasst.
Währenddessen wurde abwechselnd die Wohnung nach Raubgut durchsucht. Und jeweils Einer will immer beim Opfer verblieben sein. Insgesamt ist von 10 Faustschlägen zu Rede. Wer letztlich was genau gemacht hat, lässt sich nur sehr schwer nachvollziehen, da die Angeklagten unterschiedliche Versionen erzählen und sich an bestimmte Dinge nicht mehr erinnern wollen. Dann wurden dem bereits wehrlosen Opfer die Ringe von der Hand abgezogen und der Körperschmuck wie Goldketten geraubt. Einer will dem Opfer etwas gesagt haben, das wie eine Racheaktion aussehen sollte.
„Kennst du mich nicht von Frankfurt?“
Offensichtlich gingen die Täter zu diesem Zeitpunkt noch vom Überleben des Opfers aus und wollten das Opfer auf eine falsche Fährte später bei der Polizei locken. Das von Anfang an Gewalt eingeplant war stritten alle Drei allerdings nicht ab.
Dann forderte A. das Opfer zu fesseln und zu knebeln, damit es nicht so schnell die Polizei verständigen könne. Im weiteren Verlauf haben die Täter das Opfer, das mittlerweile blutende Wunden im Gesicht hatte und am Körper durch weitere Faustschläge misshandelt wurde, angefangen zu fesseln. Offensichtlich brachten sie ihn in die Bauchlage und fesselten dann seine Hände mit einem Bademantelgürtel sehr fest auf den Rücken so dass der Gürtel riss.
Ein weiterer Gürtel sollte die Fesselung absichern. Zusätzlich legten Sie dem Geschädigten mit einem Tuch einen Mund-Knebel um den Hals, damit er sich nicht bemerkbar machen konnte. Das Opfer hätte dem Ö. in die Hand gebissen. Auch das sei ein Grund für den Knebel gewesen. Zu diesem Zeitpunkt soll die Atmung zeitweise ausgesetzt haben so dass mindestens zwei der Täter eine Herzmassage gemacht haben wollen.
„Er hatte keinen Puls und keine Bauchatmung mehr“
Das Opfer war stark übergewichtig so dass es in dieser Bauchlage sehr schnell zu einer lebensbedrohenden Situation kommen musste. Hinzu kamen die beigefügten Verletzungen durch Schläge und Tritte. Einer der Drei soll dem Opfer zusätzlich noch mindestens einen Tritt gegen den Kopf gegeben haben. Die angebrachte Fußfessel (Klebeband) habe man vor Verlassen der Wohnung wieder gelöst und eingesteckt. Die ganze Zeit habe man nicht über „Hilfe holen“ oder Krankenwagen geredet. A. hätte gedroht, dass dann alles auffliegt und sie alle ins Gefängnis kämen.
Das Gericht wie auch andere Prozessbeteiligte versuchten immer wieder Licht ins Dunkel des Zeitraums ab Fesselung und Knebelung bis zum Verlassen der Wohnung zu bringen.
Die zentrale Frage
Hier steht die Frage im Raum.
- Haben die Angeklagten gewusst, dass das Opfer stirbt?
- Haben Sie absichtlich keine Hilfe geholt, damit sie nicht entdeckt werden? (Verdeckungsmord)
Warum hat keiner Hilfe geholt?
Laut E. wollte Ö. weder richtig mitmachen noch in der Wohnung bleiben. Doch auch er hat die notwendige Hilfe unterlassen. Er E. wäre so geschockt gewesen, dass er nicht mehr wusste was er tat. Zweimal habe man mindestens eine Herzmassage durchgeführt und man will dann gedacht haben, das Opfer sei noch am Leben. Einer will gesagt haben:
Wir hätten besser einen Krankenwagen geholt.
Auf die Frage des Gerichts warum dies nicht passierte hiess es: „Vielleicht hatte ich mich auch geirrt was den Tod angeht?“
Warum die Angeklagten außer Schmuck, Ringe und Bargeld auch zwei Schreckschusspistolen mitgenommen haben kann E. ebenfalls nicht erklären. E. war sich nicht sicher ob das Opfer ihn nicht doch erkannt hatte. Auch diese eigene Aussage belastet den Angeklagten E. schwer. So hätte er ein Motiv gehabt, die notwendige Hilfe zu unterlassen. Nach der Tat sei man gemeinsam an den Rhein, habe dort die Schreckschusspistole abgefeuert und dann mit den Handschuhen und Socken in den Rhein geworfen. Dann habe man wieder einen Joint geraucht und Alkohol getrunken. Das Bargeld sei aufgeteilt und der Schmuck in eine Tüte gesteckt worden, da dieser am nächsten Tag gleich in Mannheim bei einem Juwelier und in Ludwigshafen bei einem Goldhändler verkauft werden sollte. Abends habe man im Internet nachgeschaut und den Reinheitsgrad des Goldes geprüft. Dabei hätten sich einige Sachen als wertloser Modeschmuck erwiesen. Es war klar dass der Verkauf nicht das gewünschte hohe Ergebnis bringen würde.
A. beanspruchte einen höheren Anteil für sich, weil er seine Hochzeit mit der Freundin finanzieren wollte. Dies bestätigten die beiden anderen übereinstimmend. 4000 Euro hätte der Schmuckverkauf letzlich gebracht. Ich wollte längst zur Polizei, doch E. erpresste mich weiter wegen der Schwangerschaft meiner Freundin behauptete der A. für die Zeit nach der Tat.
Emotionslose Aussagen
Die Angeklagten machten während ihrer gesamten Aussage einen abgestumpften und emotionslosen Eindruck. Der Anwalt der Nebenklägerin, der Tochter des Opfers Rechtsanwalt Franz aus Ketsch fasst zusammen:
Ich war schockiert über die Angeklagten. Die Aussagen waren roboterhaft, empathielos und wie von einer Gebrauchsanleitung abgelesen.
Und in der Tat wirkten alle Einlassungen und Schilderungen auswendig gelernt. So richtig wollte niemand den Angeklagten die Reue abnehmen. A. schaute teilnahmslos zum Gericht, Ö. lächelte ab und zu in Richtung seiner im Zuschauerraum anwesenden Angehörigen und E. saß zusammengesunken im Stuhl. Zumindest er bewegte unruhig seine Beine in den vom Gericht angeordneten Fußfesseln. Die beiden anderen waren nahezu regungslos. Die Aussage von E. war teilweise so undeutlich und leise, dass man ihn zumindest ansatzweise anmerken konnte dass er vielleicht doch realisiert was die Drei angerichtet haben.
Die Aussagen der Beschuldigten waren in den wichtigen Punkten unklar und verschwommen. Beim Beschuldigten E. musste die eigene Verteidigerin Haas mehrmals nachhelfen, da er offenbar die jeweilige Frage nicht verstand oder falsch interpretierte. Auf den Vorhalt des Gerichts, warum er denn nicht im Auto sitzen geblieben sei, wusste bspw. E. keine Antwort.
Zu der Frage ob es wirklich geplant gewesen sei, das Haus anzuzünden um Spuren zu verwischen oder das Opfer aus dem Fenster zu werfen um einen Suizid vorzutäuschen, lieferten alle Drei keine brauchbaren Aussagen. Vielmehr hieß es, dass dies nie geplant gewesen sei. Ausserdem wolle man keine Nachbarn in Gefahr bringen.
Zum Verhältnis zu A. befragt, sagte E., dass er zeitweise Angst vor ihm hatte. Er wäre sehr schnell reizbar und schnell auf 180 gewesen.
Der Angeklagte Ö. schilderte dass es ihm nach der Tat am Arbeitsplatz schlecht ging. Er habe zusätzlich nachts Albträume gehabt, immer wieder das Opfer gesehen und konnte nur noch schlecht schlafen. Aus diesem Grund habe er sich gestellt. Als er dann noch von der Festnahme von A. hörte, habe er erst mit seiner Familie geredet, dann sei man zu einem Anwalt gegangen und dieser hätte dann dringend geraten sich zu stellen. Was er dann auch am kommenden Tag gemacht habe. Dass dies freiwillig passiert sein soll mochte das Gericht und andere Prozessbeteiligte nicht so recht glauben. Hier stand wohl eher der Druck vor der drohenden Entdeckung dahinter.
Das Opfer wurde erst zwei Wochen nach der Tat in der Wohnung aufgefunden. Die Leiche war bereits in der Verwesung und sorgte für einen penetranten Geruch, so dass Nachbarn die Polizei verständigten. Unter der Fußmatte vor der Eingangstür fand man erste Maden.
Jeder ahnte, dass hier eine Leiche hinter der Tür lag, sagte der zuständige Hauswart auf unsere Nachfrage.
Als die Tür endlich von der Feuerwehr geöffnet war, bot sich den Beteiligten ein grausames Bild. Das Opfer lag bäuchlings und gefesselt auf dem Boden. Überall am Körper waren Maden erzählte der Hauswart weiter. Dem verständigten Kriminalkommissar vom Kriminaldauerdienst aus Ludwigshafen war sofort klar, dass es sich hier um ein Tötungsdelikt handelt. So wurde ein Rechtsmediziner herbei gerufen, der vor Ort gleich eine erste Leichenbeschau durchführte. Die Spuren wurden gesichert und die Videoanlage überprüft.
Die Tochter des Opfers – Die Nebenklägerin
Während des gesamten ersten Prozesstages kämpfte die Tochter des Opfers immer wieder mit Tränen und schüttelte, wie auch anwesende Prozessbeobachter den Kopf. Sie will diesen Prozess durchstehen sagte uns ihr Verteidiger. Obwohl es unglaublich schwer für sie ist. Es ist ihr anzusehen, dass die kalten Schilderungen an ihren Nerven zerren.
Der bisherige Ablauf
Die Tat war letztlich wohl eiskalt geplant und durchgeführt worden. Der Einsatz von Gewalt wurde von Beginn an einkalkuliert. Das zufällig ausgesuchte Opfer tagelang gezielt ausgekundschaftet und in seinen Lebensgewohnheiten ausspioniert worden. Der vorgebliche Fahrer des Trios Ö. entpuppte sich als aktiver Tatbeteiligter. Durch die Aussage seiner Mittäter wurde die Täterschaft von A. als führend und tonangebend dargestellt. Während der Tatausführung gingen die drei Beschuldigten ebenfalls gezielt und offensichtlich nach Plan vor, traktierten das Opfer, durchsuchten die Wohnung, fesselten und knebelten es.
Da keiner Hilfe holte, geht das Gericht von einem eventuellen Verdeckungsmord aus. Das bedeutet, dass die Angeklagten die Wohnung verließen und wissentlich davon ausgingen das Opfer werde diesen Überfall nicht überleben oder sei bereits tot. So glaubten die Drei dass sie ohne Strafe davonkämen. Nach der Festnahme des ersten Täters A. in Mannheim waren die Anderen in Druck und Jeder versucht nun mit unterschiedlichen Geschichten seine Haut zu retten. Vor allen Dingen will keiner so richtig um den Zustand des Opfers gewusst haben.
Der Angeklagte A. sitzt in der JVA Schifferstadt. Die beiden anderen Ö. und E. in der JVA Wittlich. Vom Gericht sind insgesamt vier Verhandlungstage angesetzt. Die Staatsanwaltschaft wird erst nach der Urteilsverkündung eine Stellungnahme abgeben.