Das Landgericht Mainz hat in seinem heutigen Urteil eine Mälzerei und den Betriebsleiter freigesprochen. Laut Gericht trifft sie keine Verantwortung an der Explosion, bei der am 30.11.2008 ein Feuerwehrangehöriger ums Leben kam und ein Feuerwehrangehöriger schwer verletzt wurde.
Urteil zum Aktenzeichen 2O 154/12
Landgericht Mainz IM NAMEN DES VOLKES
Urteil In dem Rechtsstreit – Klägerin – Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt g e g e n
1.
– Beklagte zu 1) –
2.
– Beklagter zu 2) –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte
wegen Schadensersatz
hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht , den Richter am Landgericht und die Richterin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Explosionsereignis vom 30.11.2008 in Worms-Rheindürkheim.
An diesem Tag brannte auf dem Betriebsgelände der Beklagten zu 1), die in Worms-Rheindürkheim eine Mälzerei betreibt, in der Braugerste zu Malz verarbeitet wird, ein Silo zur Lagerung von Malzpellets. Der Beklagte zu 2), der als Betriebsleiter der Beklagten zu 1) auf dem Gelände in Worms-Rheindürkheim verantwortlich war, hatte bereits am 28.11.2008 wegen eines merkwürdigen Geruchs im Bereich des Silos eine Entzündung vermutet und gegen 12.00 Uhr die Räumung des Silos veranlasst, die zunächst bis ca. 24.00 Uhr durchgeführt und am darauffolgenden Tag, einem Samstag, bis gegen 17.00 Uhr fortgesetzt wurde. Insgesamt wurden aus dem 26 m hohen Silo, das nicht vollständig gefüllt war, ca. 50 bis 70 t Malzpellets geräumt. Das Silo konnte jedoch nicht komplett geräumt werden. Der Schwelbrand bestand fort.
Am Abend des 29.11.2008 hatte sich die Revisionsklappe rotglühend verfärbt. Der Beklagte zu 2 ließ daher gegen 17.00 Uhr alle Klappen des Silos schließen, um durch die Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr den Brand zu ersticken. Gegen 21.00 Uhr hatte sich die Revisionsklappe etwas abgekühlt, um 0.30 Uhr war sie aber erneut rotglühend.
Gegen 5.00 Uhr am Morgen des 30.11.2008 wurde der Beklagte zu 2) unterrichtet, dass die Klappe wieder rot sei. Er begab sich zum Betriebsgelände und beschloss, über einen ihm bekannten Feuerwehrmann aus O. an Stickstoff zu gelangen, um damit den Brand zu löschen. Da ihm gesagt wurde, dass Stickstoff nur an Feuerwehren ausgeliefert werde, setzte sich der Beklagte zu 2) mit der Berufsfeuerwehr Worms und der Freiwilligen Feuerwehr Worms-Rheindürkheim in Verbindung, die um 6.47 Uhr auf dem Betriebsgelände erschienen. Ein Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr bestellte unmittelbar nach der Brandmeldung bei der Firma Linde, die ebenfalls in Worms ein Betriebsgelände unterhält, Stickstoff zur Brandbekämpfung.
Einige Zeit später erschien der später verstorbene Zeuge J von der Berufsfeuerwehr Worms am Brandort und übernahm die Einsatzleitung. Er fragte den Beklagten zu 2), welche Menge Pellets sich noch im Silo befinde und erhielt zur Antwort, dass es sich etwa um 500 bis 600 kg handele. Daraufhin beorderte der Einsatzleiter zwei Feuerwehrleute auf das Dach des Silos und ließ die Luken, die sich nicht öffnen ließen, zertrümmern, damit der Rauch aus dem Innern des Silos abziehen konnte. Anschließend wurde versucht, von oben mittels Vollstrahls aus einem C-Rohr ohne Mundstück den Brand zu löschen. Nach einigen Minuten wurde die Klappe unten geöffnet. Da kein Material austrat, wurde auf Anweisung des Einsatzleiters nunmehr mit einem Vollstrahl von unten Wasser in das Silo gegeben, um damit eine über der Klappe befindliche Materialbrücke zu zerstören. Infolgedessen rutschte eine gewisse Menge breiigen Materials aus dem Silo. Im Anschluss daran wurde wiederum mit einem Vollstrahl von oben erneut in das Silo gehalten, um weitere Anhaftungen am Rand der Silowand zu lösen. Dabei kam es zu einer Explosion. Durch diese Explosion wurde der auf dem Dach befindliche Feuerwehrmann H getötet und der ebenfalls dort befindliche Feuerwehrmann K schwer verletzt. Elf weitere Feuerwehrleute und der Einsatzleiter selbst wurden zum Teil schwer verletzt.
Die Klägerin, die die gesetzliche Unfallversicherung der Feuerwehrleute ist, soweit sie der Freiwilligen Feuerwehr angehörten, erbrachte Schadensersatzleistungen in Höhe von insgesamt 259.461,35 € an die Verletzten bzw. die Hinterbliebenen des verstorbenen Feuerwehrmannes H . Hinsichtlich der Einzelheiten der von der Klägerin erbrachten Leistungen wird auf die Auflistung Bl. 21 bis 32 GA verwiesen.
Die Klägerin trägt vor:
Die Beklagten hätten das Unglück vom 30.11.2008 schuldhaft verursacht. Die Anlage sei nicht in sicherem Zustand gewesen. Allein zwischen 2000 und 2002 habe es vier Einsätze gegeben, einen Schwel-, zwei Silobrände und eine Staubexplosion. Es habe keine automatische Inertisierungsanlage gegeben. Die Pellets seien bei ihrem Einbringen nicht auf Feuchtigkeit und Temperatur kontrolliert worden, z. B. durch Infrarotdetektoren. Auch im Silo habe es solche Anlagen (Messgehänge) nicht gegeben bzw. sie hätten nicht funktioniert. Es habe ein Explosionsschutzkonzept gefehlt. Die Feuerwehr hätte schon am Freitag, den 28.11.2008, informiert werden müssen. Das Silo sei falsch konstruiert gewesen, weil keine Vorrichtung gegen gefährliche Gasgemische bestanden habe. Auch sei keine Sichtkontrolle möglich gewesen. Ferner habe eine Bevorratung von Stickstoff gefehlt. Letztlich habe der Beklagte zu 2) den Einsatzleiter über die noch im Silo vorhandene Menge von Malzpellets unrichtig informiert. Wenn dieser gewusst hätte, dass sich tatsächlich eine Menge von über einer Tonne noch im Silo befunden hätte, würde er den Brand nicht mit Wasser gelöscht haben. Dem Beklagten zu 2) sei vorzuwerfen, sich nicht über die noch im Silo verbliebenen Mengen informiert zu haben.
Nachdem die Klägerin ursprünglich beantragt hatte, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 259.461,35 € zu zahlen, hat sie die Klage mit Schriftsatz vom 19.10.2012 in Höhe von 15.206,60 € zurückgenommen und beantragt nunmehr,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 244.254,75 € nebst 4% Zinsen vom 18.4.2011 bis 14.3.2012 und von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 15.3.2012 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr Ersatz zu leisten für ihre künftigen Aufwendungen für den aufgrund des Explosionsunfalls vom 30.11.2008 auf dem Firmengelände der Beklagten zu 1 verletzten Herrn K
3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 4.104,– € vorgerichtliche Geschäftsgebühr ihres Prozessbevollmächtigten netto nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie tragen vor:
Sie seien für die Entstehung des Brandes nicht verantwortlich. Soweit im Jahr 2010 der Vorschlag gemacht worden sei, die Toträume in den Zwischensilos E 4 und E 5 zu beseitigen, sei ihnen das vor dem Brand nicht aufgegeben worden. Zudem stehe überhaupt nicht fest, dass sich der Brand dort entwickelt habe. Durch eine solche Maßnahme wäre der Brand nicht zu verhindern gewesen. Der Brand sei nicht früher als am 28.11.2008 zu entdecken gewesen. Die Maßnahme, das Silo zunächst soweit wie möglich zu entleeren und anschließend die Klappen zu schließen, um die Sauerstoffzufuhr zu unterbrechen, sei eine übliche und effektive Maßnahme. Technische Vorrichtungen zur Erkennung des Brandes seien 2008 noch gar nicht verfügbar gewesen. Turnusmäßig seien durch den Silomeister und den Beklagten zu 2) mehrmals täglich Betriebsrundgänge durchgeführt worden.
Individuelle Feuchtigkeitsgrade seien nicht feststellbar. Es würden daher Stichproben unmittelbar nach der Pelletierung, also vor der Einlagerung und nach der Entleerung, erhoben. Bei erhöhten Werten werde die Pelletierung gestoppt und das Silo geleert. Messgehänge seien installiert gewesen, könnten einen Schwelbrand aber nicht verhindern oder früher erkennen. Es könne nur eine Überhitzung in unmittelbarer Nähe der Messgehänge festgestellt werden. Im Übrigen sei der Brand früh erkannt worden. Eine Benachrichtigung der Feuerwehr sei am 28.11.2008 noch nicht erforderlich gewesen, weil in dem Silo keine Flammen vorhanden gewesen seien, sondern es sich lediglich um einen Schwelbrand gehandelt habe.
Auf die Menge der im Silo noch vorhandenen Pellets sei es nicht angekommen. Selbst 200 kg schwelende Pellets hätten für eine Explosion ausgereicht. Der Beklagte zu 2) habe am Abend des 29.11.2008 von oben ins Silo gesehen und keine Flammen gesehen. Links habe eine geringe Restmenge gelegen. Die gegenüber dem Einsatzleiter gemachte Angabe über die Restmenge im Silo habe naturgemäß lediglich eine Schätzung darstellen können und keine verbindliche Angabe.
Ursächlich für die Explosion sei vielmehr die Fehlentscheidung des Einsatzleiters gewesen, den Brand mittels Wasser und noch dazu mittels Vollstrahls löschen zu wollen. Dies habe zu einer Dampf- oder Staubexplosion, eventuell auch zu einer Kombination aus beidem geführt. Ohne diese Fehlentscheidung hätte es keine Explosion gegeben.
Der Beklagte zu 2) arbeite seit 33 Jahren bei der Beklagten zu 1) und sei stets zuverlässig gewesen. Seit 1976 sei er Betriebsleiter in O gewesen, wobei es zu keinerlei Bränden gekommen sei. Seit 2006 sei er Werksleiter in Worms. Er habe ein- bis zweimal jährlich an Fortbildungen teilgenommen und mehrere Brandübungen mit der Feuerwehr durchgeführt. Die Anlage sei zu keinem Zeitpunkt von der Gewerbeaufsicht oder dem TÜV beanstandet worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. P vom 11.6.2013 (Bl. 240 bis 260 GA). Es hat den Sachverständigen ferner in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 angehört. Hinsichtlich der Einzelheiten seiner Angaben wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (Bl. 305 bis 313 GA) verwiesen. Das Gericht hat ferner den Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung vom 2.1.2013 persönlich angehört. Insoweit erfolgt ebenfalls Verweisung auf das Protokoll (Bl. 196 bis 199 GA). Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands erfolgt Bezugnahme auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Klägerin stehen keine auf sie übergegangenen Schadensersatzansprüche aus den §§ 823 Abs. 1 BGB bzw. 823 Abs. 2 BGB, 222, 229 StGB, jeweils i.V.m. § 116 Abs. 1 SGB X zu.
Daher kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Beklagten an der Entstehung des Brandes eine Verantwortlichkeit trifft. Dabei ist völlig offen, wie es letztlich zur Entstehung des Schwelbrandes gekommen ist. Dies kann durch Reibungshitze beim Be- bzw. Entladen des Silos geschehen sein oder durch Selbstentzündung aufgrund der Einlagerung noch zu feuchter Malzpellets. Sollte insoweit ein schuldhaftes Versäumnis der Beklagten bei der Entstehung des Brandes mitgewirkt haben, so könnte eine Kausalität eines solchen Versäumnisses auch für die Explosion letztlich nicht verneint werden, da die Entstehung des Brandes condicio sine qua non für die später erfolgte Explosion war und Schutzpflichten zur Verhinderung eines Brandes ihrem Zweck nach auch der Verhinderung eines weitergehenden Schadens, z. B. durch eine Explosion, dienen.
Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass dieser Kausalzusammenhang durch das freiverantwortliche Dazwischentreten eines Dritten unterbrochen werden kann. Dafür genügt jedoch nicht jedes Fehlverhalten eines Dritten. Vielmehr ist es so, dass dann, wenn jemand durch eine schuldhafte Pflichtverletzung eine Kausalkette in Gang gesetzt hat, grundsätzlich auch Fehler dritter Personen, die aus diesem Grund hinzukommen, wie z. B. im vorliegenden Fall die Feuerwehr, um den entstandenen Brand zu löschen, dem ursprünglichen Verursacher zuzurechnen sind. Soweit die in Gang gesetzte Kausalkette durch den Dritten verstärkt wird bzw. dieser erst eine weitere Ursache für den später entstandenen weitergehenden Schaden setzt, haften möglicherweise beide Schädiger nebeneinander als Gesamtschuldner (§ 840 BGB). Anders ist dies jedoch dann, wenn der hinzutretende Dritte die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten und die Anforderungen an ein gewissenhaftes fachliches Verhalten in außergewöhnlich hohem Maße außer Acht lässt bzw. in völlig unsachgemäßer Weise eine weitere Schadensursache setzt (vgl. BGH NJW 2012, 2024 Rn 15 und NJW 2003, 2311 Rn 18, jeweils zitiert nach juris und Palandt/Grüneberg, BGB 73. Aufl., Vorbem. vor § 249 Rn 47).
So liegt der Fall hier. Zwar ist die Entstehung des Brandes condicio sine qua non für die spätere Explosion und es dienen die zur Brandverhinderung bestehenden Sorgfaltspflichten auch der Verhinderung einer Weiterung, etwa in Form einer Explosion. Allerdings wäre es bei einem normalen weiteren Verlauf ohne die gravierende Fehleinschätzung des Einsatzleiters der Feuerwehr (hierzu siehe unten) nicht zu einer Explosion des Silos gekommen. Hiervon ist das Gericht aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen Dr. P überzeugt. Der Sachverständige hat insgesamt sechs Hypothesen für die Entstehung der Explosion untersucht. Hiervon hat er zwei ausgeschlossen und eine für unwahrscheinlich gehalten. Die drei Hypothesen, die er für wahrscheinlich gehalten hat, hängen alle mit der Art der Brandbekämpfung zusammen, wie sie vom Einsatzleiter der Feuerwehr angeordnet wurde.
Eine Wasserdampfexplosion hatte der Sachverständige im schriftlichen Gutachten bereits ausgeschlossen. Er hatte seiner Berechnung allerdings nicht zugrunde gelegt, dass zunächst ab 8.30 Uhr für ca. 5 Min. mit Vollstrahl ca. 200 l Wasser pro Minute in das Silo gespritzt worden waren, sodass entsprechend seiner grundlegenden Berechnung bei vollständiger Verdampfung des eingesetzten Wassers 1,5 Mio. Liter Wasserdampf entstanden wären. In der mündlichen Verhandlung hat er erläutert, dass ihm eine konkrete Berechnung des im Silo entstandenen Drucks deshalb nicht möglich sei, weil er nicht wisse, wie viel Wasserdampf durch die oben geöffneten Luken ausgetreten sei und ob die Hitze im Silo ausgereicht habe, um tatsächlich das gesamte eingebrachte Wasser so zu erhitzen, dass es vollständig verdampfte. Auch aus der von dem Einsatzleiter per Fernmessung ermittelten Temperatur hinter der Revisionsklappe von 700 bis 900 Grad vermochte der Sachverständige keine seriöse Berechnung zu ermitteln. Er hat es angesichts der ermittelten Temperatur im schriftlichen Gutachten allerdings für unwahrscheinlich gehalten, dass diese Temperatur ausgereicht hätte, um das gesamte Wasser verdampfen zu lassen. Wenn dies bereits für 200 l Wasser galt, so dürfte davon auszugehen sein, dass die innerhalb von 5 Min. eingebrachten insgesamt 1000 l Wasser längst nicht vollständig verdampft sind. Zu berücksichtigen ist ferner, dass auf dem Dach mittlerweile Luken geöffnet waren, so dass der Wasserdampf zumindest teilweise auch entweichen konnte. Es erscheint daher entsprechend den Angaben des Sachverständigen weitgehend ausgeschlossen, dass es sich bei der Explosion um eine reine Wasserdampfexplosion handelte.
Ebenfalls ausgeschlossen hat der Sachverständige, dass die Explosion durch die Dissoziation von Wasser, also die Aufspaltung des Wassers in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff, entstanden ist. Er hat insoweit dargelegt, dass Schwelbrände durch eine geringe Energiefreisetzungsrate und durch im Vergleich zu Metallbränden geringeren Temperaturen von unter 1000 Grad gekennzeichnet seien. Dem entspricht auch die ermittelte Temperatur von ca. 700 bis 900 Grad im Bereich der Revisionsklappe. Der Sachverständige hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 ausgeführt, dass die Temperatur hinter der Klappe nicht wesentlich höher gelegen haben dürfte – maximal 100 bis 200° C – als sie von dem Einsatzleiter per Fernmessung ermittelt worden ist. Angesichts dessen hat der Sachverständige ausgeschlossen, dass durch Dissoziation ausreichende Mengen von Wasserstoff und Sauerstoff freigesetzt wurden, um eine Explosion zu erzeugen.
Nicht völlig sicher ausschließen konnte der Sachverständige, dass Pyrolysegase, also so genannte Rauchgase, die Explosion verursacht haben. Solche Pyrolysegase können in Verbindung mit Luft und insbesondere Sauerstoff zu einem explosionsfähigen Gemisch werden. Da keine Messung dieser Gase vorgenommen wurde, lässt sich über die Zusammensetzung entstandener Schwelgase nichts sagen. Der Sachverständige hat jedoch ausgeführt, dass aufgrund der Tatsache, dass man auf dem Dach die Luken eingeschlagen hatte und in einem solchen Fall die heißen Rauchgase nach oben entweichen, davon auszugehen ist, dass angesichts der Zeitdauer des Löschens von ca. einer Dreiviertelstunde bis zur Explosion nicht mehr genügend Rauchgase vorhanden waren, um eine Explosion auszulösen. Er hat daher diese Explosionsursache für unwahrscheinlich gehalten.
Hingegen hat der Sachverständige die drei denkbaren und auf die Löschanweisungen des Einsatzleiters zurückzuführenden Explosionsursachen für wahrscheinlich gehalten. Dabei handelt es sich zum einen um eine Staubexplosion aufgrund des Einsatzes von Wasser. Gerade durch den Einsatz eines Vollstrahls wird das im Silo befindliche Material mit erheblichem Druck aufgewirbelt, sodass sich ein Staub-Luft-Gemisch bildet. Zudem besteht die Gefahr, dass durch den Vollstrahl Glutnester freigelegt werden, die dann das Staub-Luft-Gemisch entzünden können, wenn es eine zündfähige Konzentration erreicht hat. Insoweit hat der Sachverständige ausgeführt, dass bei einem Volumen des Silos von 300 cbm 9 kg Gerstenmalz in Staubform genügt hätten bzw. bei einem Silovolumen von 350 cbm 10,5 kg, um ein zündfähiges Gemisch zu erzeugen. Er hat weiter ausgeführt, dass dies für eine homogene Verteilung des Staubs im gesamten Silo gelte. Es sei aber gar nicht erforderlich gewesen, dass die untere Explosionsgrenze im gesamten Silo erreicht werde. Vielmehr genüge es, wenn dies an bestimmten Stellen, und zwar im Bereich der Zündquellen geschehe. Er hat daher in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 ergänzt, dass man bei einer Menge von unter 1 kg Staub in einen Grenzbereich käme. Darüber sei eine Explosion aber möglich. Es genüge, dass bei Gerstenmalz 30 g Staub pro Kubikmeter vorhanden seien, so dass man schon mit wenigen Kilogramm Malzpellets eine solche Explosion verursachen könne.
Als weitere wahrscheinliche Ursache für die Explosion hat der Sachverständige die Zerstörung der im unteren Bereich des Silos vorhandenen Materialbrücke durch den Vollstrahl bezeichnet, als man von unten das Silo geöffnet hatte, aber kein Material herausfiel. Durch das Zerstören der Materialbrücke wurde nicht nur mit Sicherheit Staub aufgewirbelt, sondern es bestand auch im besonderen Maße die Gefahr, Glutnester freizulegen. In der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 hat der Sachverständige nämlich dargelegt, dass sich Materialbrücken durch das Verkleben von Pellets bilden können, insbesondere aber durch das Glimmen des Brandes, da dadurch Material verbraucht werde. Es war folglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür vorhanden, dass sich im Bereich der Materialbrücke auch Glutnester befinden könnten. Insoweit konnte dann derselbe Effekt eintreten wie oben bereits beschrieben.
Letztlich hat der Sachverständige auch eine weitere Ursache für wahrscheinlich gehalten, die mit der Art zu löschen, wie sie vom Einsatzleiter der Feuerwehr angeordnet worden war, zusammenhängt. Es waren nämlich zunächst oben und später auch unten die Klappen geöffnet worden. Dadurch entstand ein Kamineffekt, da frische Luft unten in das Silo einströmte, während heiße Luft oben austrat. Durch diesen Kamineffekt war es nicht nur wiederum möglich, Staub aufzuwirbeln, sondern es konnten eventuell freigelegte Glutnester durch die Zuführung von Sauerstoff auch noch aufflammen und ein zündfähiges Gemisch, das sich gebildet haben konnte, nunmehr zur Explosion bringen.
Damit steht nach der Überzeugung des Gerichts fest, dass es gerade die Art und Weise war, wie der Brand nach den Anweisungen des Einsatzleiters der Feuerwehr gelöscht werden sollte, die zu der Explosion des Silos führte. Hingegen ist davon auszugehen, dass dann, wenn die Lüftungsklappen geschlossen geblieben wären, mit einer Explosion nicht zu rechnen gewesen wäre. Zwar hat der Sachverständige ausgeführt, dass es grundsätzlich auch beim weiteren Glimmen des Materials zu einem Einsturz einer Materialbrücke hätte kommen können, bei der ein zündfähiges Staub-Luft-Gemisch hätte entstehen können. Allerdings erschien es ihm angesichts des bereits seit zwei Tagen schwelenden Brandes unwahrscheinlich, dass noch eine ausreichende Sauerstoffkonzentration für eine Explosion im Silo vorhanden war. Er hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 dargelegt, dass sich die Rauchgase zunächst nach oben bewegen und im Verlauf des Brandes dann nach unten ausdehnen. Der lange Zeitraum des Schwelens spreche dafür, dass die Rauchgase schon ausreichend inertisiert waren und das Silo nicht explodiert wäre.
Die Entscheidung des Einsatzleiters der Feuerwehr, den Brand mit Wasser und noch dazu mit einem Vollstrahl zu löschen war durch nichts gerechtfertigt und krass fehlerhaft. Der Sachverständige Dr. P hat bereits in seinem schriftlichen Gutachten insgesamt fünf Methoden aufgelistet, wie der Brand hätte gelöscht werden können. Zum einen wäre es möglich gewesen, den Brand mit Stickstoff zu ersticken und anschließend einen Mittelschaumteppich aufzubringen. Diese Methode wäre die sicherste, allerdings auch aufwändigste gewesen. Darüber hinaus wäre es möglich gewesen, lediglich einen Schaumteppich aufzubringen. Ferner hätte man den Brand mit Netzwasser löschen können. Dabei handelt es sich um Wasser, das mit einem Schaumbildner vermischt ist, sodass die Oberflächenspannung des Wassers gebrochen wird und das Wasser besser in feinporige Materialien eindringen kann. Letztlich bleibt auch noch die Möglichkeit, mit reinem Löschwasser zu löschen. Hierbei kann mittels Sprühstrahl oder Vollstrahl gelöscht werden. Bereits in seinem schriftlichen Gutachten hat der Sachverständige dargelegt, dass der Sprühstrahl dem Vollstrahl vorzuziehen sei. Der Sachverständige hat dargelegt, dass die Explosionsgefahr bei den genannten Löschmethoden in der Reihenfolge der Aufzählung stetig zunehme. Die Inertisierung in Verbindung mit dem Mittelschaumteppich stelle die sicherste, die Verwendung von einfachem Löschwasser mittels Vollstrahl die unsicherste Methode dar.
Von allen denkbaren Löschmethoden hat der Einsatzleiter der Feuerwehr folglich die unsicherste Methode gewählt. Dies erscheint unter keinem denkbaren Gesichtspunkt gerechtfertigt. Zwar hat der Sachverständige Dr. P bereits in seinem schriftlichen Gutachten und auf Nachfrage des Klägervertreters auch noch einmal in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 ausgeführt, dass die Entscheidung, wie ein Brand gelöscht werde, letztlich im Ermessen des Einsatzleiters liege. Das bedeutet entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht, dass diese Entscheidung einer gerichtlichen Überprüfung entzogen ist. Vielmehr hat der Einsatzleiter insbesondere Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Dies betrifft die Sicherheit von Leib und Leben der von einem Brand Betroffenen sowie Dritter und natürlich auch der eingesetzten Feuerwehrleute, für die der Einsatzleiter verantwortlich ist. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass der Einsatzleiter die unsicherste und für alle Beteiligten risikoreichste Variante der Brandbekämpfung angeordnet hat. Auf mehrfache Nachfrage, ob es zulässig gewesen sei, so zu löschen, wie es der Einsatzleiter angeordnet hatte, hat der Sachverständige Dr. P immer wieder betont, dass er es anders gemacht hätte. Er hat wiederholt erklärt, dass es sich um die risikoreichste Methode gehandelt habe und dass dann, wenn die Wahl zwischen Sprühstrahl oder Vollstrahl bestehe, er sich immer für den Sprühstrahl entscheiden würde. Man könne allerdings auch mit Wasser löschen, dann aber mit einem Sprühstrahl. Trotz vielfacher Nachfrage hat er zu keinem Zeitpunkt das Löschen mit einem Vollstrahl für nachvollziehbar gehalten. Das Gericht hat den Sachverständigen dann gefragt, ob das Löschen mit einem Vollstrahl aus irgendeinem Grunde gerechtfertigt erscheine oder gar geboten gewesen sei. Auch darauf hat er geantwortet, er hätte es anders gemacht. Für das Gericht ist nach der Befragung des Sachverständigen nicht ansatzweise nachvollziehbar, wieso der Einsatzleiter der Feuerwehr ein derart großes Risiko eingegangen ist, durch das bei seiner Vorgehensweise gleich drei Ursachen für die Entstehung der Explosion, wie oben bereits geschildert, gesetzt wurden.
Auch die Äußerung des Sachverständigen, vielleicht habe der Einsatzleiter nur Reste an der Wand des Silos mit einem Vollstrahl lösen wollen, machen die Vorgehensweise des Einsatzleiters nicht plausibler. Zum einen handelt es sich insoweit nur um eine Vermutung des Sachverständigen. Zum anderen war aus dem Silo gerade erst eine größere Menge in Form einer breiigen Masse ausgetreten. Der Einsatzleiter konnte folglich überhaupt nicht sicher sein, dass das Silo nunmehr leer war und lediglich noch Verkrustungen am Rande zu lösen waren. Zum Dritten war es so, dass der Einsatzleiter von Anfang an den Vollstrahl eingesetzt hat und zwar sowohl zu Beginn des Löschvorgangs von oben als auch später von unten, als er die Materialbrücke zerstören ließ. Es war also nicht so, dass er zunächst vorsichtig an die Brandbekämpfung herangegangen ist um dann, nachdem alle Glutnester aus dem Silo entfernt waren, lediglich noch die Silowände per Vollstrahl zu reinigen.
Auch die Bemerkung des Beklagten zu 2), dass sich möglicherweise noch 500 bis 600 kg Pelletsmasse in dem Silo befänden, während es tatsächlich möglicherweise 2 bis 3 t waren, wie die Klägerin meint, spielt für das Entstehen der Explosion überhaupt keine Rolle. Der Sachverständige Dr. P hat eindeutig erklärt, dass wenige Kilogramm Pellets genügten, um ein Explosion auszulösen. Es war also keinesfalls so, dass für den Fall, dass sich die Menge der noch im Silo befindlichen Pellets unter einer Tonne lag, bedenkenlos mit Wasser hätte gelöscht werden dürfen. Eine solche Grenze gibt es nicht, wie der Sachverständige erläutert hat. Zum weiteren durfte sich der Einsatzleiter der Feuerwehr auf die Angabe des Beklagten zu 2) nicht verlassen. Dass diese Angabe nur eine Circa-Angabe sein konnte, ergibt sich schon daraus, dass sich überhaupt nicht feststellen ließ, wie viele Pellets genau sich noch in dem Silo befanden. Der Beklagte zu 2) hatte von oben aus einer Höhe von ca. 30 m in das Silo hineingeschaut. Zu diesem Zeitpunkt war das Silo jedoch dunkel und bereits stark verqualmt, sodass sich überhaupt nicht feststellen ließ, welche konkrete Menge Malzpellets sich im Silo befand. Wie ungenau eine solche Schätzung sein musste, lässt sich unschwer erkennen, wenn man das weitgehend entleerte Silo mit einem Litergefäß vergleicht. Bei einem Fassungsvermögen von 250 t Malzpellets handelt es sich bei einer Menge von 2,5 t, die vermeintlich noch im Silo waren, um 1 % Füllung. Das würde auf ein Litergefäß umgerechnet die Menge von 1 cl bzw. eines halben Schnapsglases voll Wasser ergeben, während die Angabe des Beklagten zu 2) sich auf 500 bis 600 kg, mithin 1/10 Schnapsglas Wasser im Vergleich belief. Dass die Einschätzung des Beklagten zu 2) nur sehr grob gewesen sein kann, wird hieran äußerst plastisch klar. Dementsprechend verfängt auch der Einwand der Klägerseite nicht, der Beklagte zu 2) habe sich schließlich um mehrere hundert Prozent verschätzt. Die verbliebene Menge war jedenfalls so gering, dass sie exakt nicht geschätzt werden konnte.
Der Einsatzleiter der Feuerwehr durfte sich auch nicht darauf verlassen, dass, nachdem die Materialbrücke zerstört worden war, nunmehr alle Pellets aus dem Silo ausgetreten waren. Selbst wenn man unterstellt, dass zwischen ihm und dem Zeugen W geäußert worden ist, dies seien ja die 500 bis 600 kg, so hat doch niemand die ausgetretene Menge an Pellets gewogen. Hinzu kommt, dass zwischenzeitlich durch das Löschen von oben insgesamt 1000 l Wasser in das Silo eingebracht worden waren zzgl. zu der Wassermenge, die durch das Löschen von unten beim Zerstören der Materialbrücke in das Silo gelangt war. Einfach davon auszugehen, dass nach dem Austritt der breiigen Masse das Silo komplett entleert war, ist somit nicht nachvollziehbar. Vielmehr musste der Einsatzleiter der Feuerwehr nach wie vor damit rechnen, dass sich noch Pellets und möglicherweise auch Glutnester im Silo befanden, wie das ja auch tatsächlich der Fall war. Die von dem Beklagten zu 2) überlieferte Äußerung, es seien noch etwa 500 bis 600 kg Pellets im Silo, ändert folglich nichts daran, dass der Einsatz eines Vollstrahls beim Löschen des Schwelbrandes sowie das Öffnen der Klappen unten und oben mit der Wirkung eines Schloteffektes völlig unverantwortlich war.
Dies gilt umso mehr, als zum fraglichen Zeitpunkt Stickstoff bereits bestellt und damit unterwegs war. Soweit die Klägerin dies auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 19.10.2012 bestritten hat, setzt sie sich in Widerspruch zu ihrem eigenen Vorbringen auf Seite 6 der Klageschrift, wonach bis zum Eintreffen des Einsatzleiters J die vor Ort erschienenen Feuerwehrleute eigentlich nur noch auf das Eintreffen des Stickstoffs gewartet hatten. Auch dem Einsatzleiter war bekannt, dass Stickstoff bereits bestellt war, wie er in seiner polizeilichen Vernehmung vom 3.11.2009 (Bl. 211 GA) selbst angegeben hat. Das Argument, es sei billiger gewesen, mit Wasser zu löschen, verfängt dabei nicht. Zum einen dürften die im Nachhinein aufgrund der Explosion entstandenen Kosten weitaus höher gewesen sein als ein Löscheinsatz mit Stickstoff. Zum anderen hatte der Beklagte zu 2) selbst schon mit den zunächst vor Ort erschienenen Feuerwehrleuten abgestimmt, dass Stickstoff angefordert werde, um den Brand zu löschen. Die Kosten, die ohnehin voraussichtlich von der Beklagten zu 1) zu tragen gewesen wären, spielten folglich bei der Entscheidung überhaupt keine Rolle. Soweit die Klägerin meint, eine Inertisierung von Stickstoff sei gar nicht möglich gewesen, so hat sich der Einsatzleiter in seiner polizeilichen Vernehmung hierauf jedenfalls nicht berufen. Der Sachverständige Dr. P hat in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 im Übrigen auch erklärt, dass der Stickstoff auch ohne das Vorhandensein eines Stutzens über den Trichter hätte eingebracht werden können. Es wäre allerdings schwieriger und zeitaufwändiger gewesen, da nicht nur Sauerstoff, sondern auch Stickstoff wieder entwichen wäre. Er schätzte, dass man für ein Raumvolumen von 300 cbm etwa die zwei- bis dreifache Menge an Stickstoff in das Silo hätte einbringen müssen. In Anbetracht der Tatsache, dass sich in einer 40 -Liter-Gasflasche nach den Angaben des Sachverständigen ca. 8 bis 12 cbm gasförmiger Stickstoff befinden, hätte es etwa 4000 l flüssigen Stickstoffs bedurft, um eine solche Löschung vorzunehmen. Es handelt sich dabei um eine Menge, die ohne weiteres von einem einzigen Tanklastwagen befördert werden kann.
Soweit die Klägerin meint, die von dem Einsatzleiter der Feuerwehr vorgenommene Art des Löschens sei deshalb zulässig gewesen, weil sie nach den Angaben des Sachverständigen in 90 bis 95% aller Fälle gutgehe, ist die Äußerung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 17.12.2013 nicht richtig dargestellt. Weder hat der Sachverständige gesagt, dass in 90 bis 95 % aller Fälle mit Wasser – schon gar nicht unter Einsatz eines Vollstrahls – gelöscht werde, noch hat er gesagt, dass in 90 bis 95 % aller Löschungen mit Vollstrahl es nicht zu einer Explosion komme. Der Sachverständige hat vielmehr auf die hartnäckigen Fragen, ob es aus irgendeinem Grund gerechtfertigt gewesen sei, das mit dem Vollstrahl verbundene Risiko einzugehen, geäußert, in 90 bis 95 % aller Fälle gehe es ja gut. Auf die Nachfrage des Gerichts, ob er damit 90 bis 95 % aller Brandbekämpfungen mit Vollstrahl oder 90 bis 95 % aller Bekämpfungen eines Silobrandes mit Wasser überhaupt meine, hat er erklärt, dass es in den meisten Fällen, in denen überhaupt mit Wasser gelöscht werde, gutgehe. Daraus ergibt sich, dass das Löschen mit Wasser per se ein nicht unerhebliches Risiko von 5 bis 10 % darstellt, vom Löschen mit Vollstrahl, das der Sachverständige, dessen Ausführungen die Kammer geprüft hat und die sie in jeder Hinsicht nachzuvollziehen vermag, zu keinem Zeitpunkt als akzeptabel bezeichnet hat, völlig abgesehen.
Damit steht fest, dass der Einsatzleiter ein Risiko eingegangen ist, das durch nichts gerechtfertigt war. Dies gilt insbesondere angesichts der Tatsache, dass er selbst zwei Feuerwehrleute auf das Dach des Silos beordert hatte, wo sie der Explosion weitgehend schutzlos ausgeliefert waren. Auch wenn der Sachverständige in seiner Anhörung am 17.12.2013 angegeben hat, Feuerwehrleute lernten, wie mit Verpuffungen umzugehen sei und wie sie sich in Deckung bringen könnten, um von einer solchen Explosion nicht er- wischt zu werden, ist schwer vorstellbar, wie die beiden auf dem Dach postierten Feuerwehrleute der Explosion hätten entgehen sollen. Gerade auch zu ihrem Schutz war die von dem Einsatzleiter vorgegebene Löschmethode völlig verfehlt.
Da dem Einsatzleiter der Feuerwehr ein derart gravierendes Fehlverhalten vorzuwerfen ist, treten eventuell von den Beklagten zu verantwortende Ursachen für die Entstehung des Schwelbrandes völlig zurück. Insbesondere ist nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. P davon auszugehen, dass es ohne die schwerwiegende Fehlentscheidung des Einsatzleiters nicht zu einer Explosion des Silos gekommen wäre. Damit ist eine eventuell von den Beklagten gesetzte Kausalkette jedenfalls unterbrochen worden. Da somit die Schädigungen der eingesetzten Feuerwehrleute nicht auf ein Fehlverhalten der Beklagten zurückgeführt werden können, stehen ihnen auch keine Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu, die gemäß § 116 Abs. 1 SGB X auf die Klägerin übergegangen sein könnten. Die Klage ist daher insgesamt, auch hinsichtlich aller geltend gemachten Nebenforderungen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.
Der Streitwert wird bis zum 30.10.2012 auf 259.461,35 € und ab 31.10.2012 auf 244.254,75 € festgesetzt.
O H Dr. M
Vorsitzender Richter
am Landgericht Richter
am Landgericht Richterin
Verkündet am 03.02.2014