Man nehme englischen Humor à la Charles Dickens, gebe eine Prise Pfälzer Art und Temperament à la Gabriele Schwöbel dazu, lasse davon ein Ensemble kosten, und heraus kommt nach monatelangem Üben und einer Klausur im Kloster ein wunderbares Stück.
Zweimal führte das unter dem Dach der vhs-Rheinzabern agierende Theaterensemble ART – Aktives Rheinzaberner Theater – „Die Weihnachtsgeschichte“ nach einem Roman von Charles Dickens auf und begeisterte eine unerwartet große Zuschauerzahl. Man hatte einen großen Sprung vom Kleinen Kulturzentrum in die Turn- und Festhalle gewagt und sollte ihn nicht bereuen. Nach missratener Generalprobe, so Hauptdarsteller Volker Werling, sei die letzte Vorstellung am Samstag der absolute Höhepunkt gewesen. In der Tat, so kam es auch auf die Zuschauer rüber, die mit langem Beifall dankten.
Gabriele Schwöbel griff einen Stoff des berühmten Charles Dickens auf, der ja mit seinen Stücken aus der Mitte des 19. Jahrhunderts die Missstände –nicht nur- im Industrieland England anprangerte. Dickens – selber aus ärmlichen Verhältnissen stammend (der Vater saß jahrelang im Schuldgefängnis)- war sehr geschäftstüchtig und hinterließ seinem Sohn ein großes Vermögen. Insofern mögen im Verhalten des Hauptprotagonisten, Ebenezer Scrooge (dt.: Geizhals) autobiographische Erfahrungen des Autors eingeflossen sein. Auf geradezu groteske Weise wird eine sehr nachdenkenswerte Geschichte aufgeführt, bei der sich der Zuschauer selbst gefragt haben möge, was Weihnachten für ihn (noch) bedeute – oder wieder bedeuten könnte.
Ein steinreicher, aber hartherziger Geizhals sieht in Weihnachten nur Gefühlsduselei, Humbug, wie er immer wieder sagt, um Leute gefügig zu machen. Liebe? Humbug. Armen etwas abgeben? Humbug. Sinn habe das Fest allenfalls in der Feststellung, ein Jahr älter geworden zu sein. Wichtiger in dieser Zeit wäre das Zahlen fälliger Rechnungen und das Eintreiben von Krediten. Auch die Warnung seines verschiedenen Geschäftspartners, sich von der Profitsucht zu befreien, nennt er abschätzig Humbug. Der Geizhalz schläft im eigenen Sarg, heizt kaum („Löscht mir die Kohlen so, dass ich sie morgen wieder verwenden kann!“), gönnt sich allenfalls Haferschleim und Knäckebrot, zahlt Hungerlohn und ist vereinsamt – bis ihm drei „Geister“ den Spiegel über sein bisheriges Leben vorhalten. Vergessen, aus welch ärmlichen Verhältnissen er kam, vergessen seine verstorbene Schwester, vergessen seine verarmten Verwandten, vergessen die Not seines Angestellten, der ein ganzes Jahr lang sparen muss, um sich die traditionelle Weihnachtsgans leisten zu können. Crooge indes rennt nur dem Mammon nach. Als ihm der dritte Geist sein Ende vor Augen hält, ein armseliges Totenbett, zeigt er endlich Reue, wird spendabel, erlässt Schulden, zahlt großzügigen Lohn und spendet sogar den Armen. Weihnachten ist gerettet – seine Seele auch. Endlich hat Weihnachten für ihn Sinn und ist kein Humbug mehr.
Das Ensemble ART machte seinem Namen alle Ehre. ART zeigte „ARS theatrorum“ – Schauspiel auf besondere Art und von hohem Niveau, nicht zuletzt auch durch eine gute Teamarbeit. Ein Ensemble mit originellen Typen setzte auf hervorragende Weise die Intention des Stückes um: Subtile Sozialkritik im feinsten Sinne, in der sich jedermann wiedererkennen kann – wenn er denn noch wollte. Deswegen dankte der Ortsbürgermeister ganz herzlich für das ehrenamtliche Engagement der Truppe um Gabriele Schwöbel. Man freut sich sicherlich schon jetzt auf noch mehr „ars theatrum“ von ART.