01. Februar 2013 um 16:41 Uhr: Rettungsassistent Dieter Slabschi wird zu einem Einsatz alarmiert. Gemeinsam mit der Notärztin Dr. Simone Bräuninger besetzt er an diesem Tag das Notarzteinsatzfahrzeug am Standort Buchen der Neckar-Odenwald-Kliniken. Die Integrierte Leitstelle in Mosbach, zuständig für die Alarmierung der Rettungsdienste und Feuerwehren im Kreis, meldet eine „bewusstlose Person“ in einem Einkaufsmarkt. Um 16:46 Uhr wird der Einsatzort erreicht, und das Einsatzteam findet am anderen Ende des Marktes eine Situation vor, die leider die Ausnahme ist: ein am Boden liegender Patient wird von Zeugen des Geschehens wiederbelebt.
Was war passiert? „Ich bin an diesem Tag ganz normal von Rittersbach zur Arbeit in den OBI nach Buchen gefahren“, berichtet Klaus Kolbenschlag. Wenige Tage vor seinem 54. Geburtstag habe er sich in keiner Weise krank gefühlt – aber an diesem Nachmittag hat sein Herz unvermittelt aufgehört zu schlagen, es kam zum sogenannten Kammerflimmern.
„Unser Auszubildener rief mich zum Holzzuschnitt“, erzählt Carsten Efing. „Dort fand ich meinen Kollegen am Boden liegend.“
Klaus Kolbenschlag war nicht bei Bewusstsein, ein Kunde hatte ihn in die stabile Seitenlage gebracht. Aufgrund früherer Tätigkeit in der Altenpflege erinnerte sich der 41-jährige, was in einer solchen Situation zu tun ist: Notruf über die 112 veranlassen und den Zustand des Betroffenen überprüfen. „Als ich keinen Puls feststellen konnte, sagte ich meinem ebenfalls eingetroffenen Kollegen, dass wir jetzt reanimieren müssen.“ Gemeinsam mit Klaus Grimm begann er die Maßnahmen. Einer führte die Thoraxkompressionen durch, der andere beatmete. Nach kurzer Zeit kam noch Angelika Schön-Müller dazu und löste ihren Kollegen bei der Herzdruckmassage ab.
Beim Eintreffen des Notarztteams wurden die Maßnahmen durch die Profis übernommen und genau wie begonnen durchgeführt. Mittels eines angeschlossenen EKG-Gerätes wurde ein Kammerflimmern erkannt und eine Defibrillation durchgeführt, um die lebensbedrohliche Herzrhythmusstörung zu unterbrechen. Inzwischen ist die Beschaffung eines AED-Gerätes, mit dem bereits in der Frühphase der Wiederbelebung auch durch Laien die rettenden Stromstöße gefahrlos durchgeführt werden können, im OBI Buchen beschlossene Sache. Diese Geräte sind mittlerweile an zahlreichen Orten im Neckar-Odenwald-Kreis zu finden und geben mittels Sprachansage wichtige Hinweise für die korrekte Durchführung der Wiederbelebungsmaßnahmen. So kann ein Hauptproblem der Laienhelfer gelöst werden: die Sorge, Fehler zu machen, die leider immer wieder von der Durchführung lebensrettender Maßnahmen abhält.
„Das einzige, was Sie in dieser Situation verkehrt machen können, ist nichts zu tun“, betont Priv.-Doz. Dr. med. Harald Genzwürker, Leiter der beiden Notarztstandorte in Buchen und Mosbach und selbst aktiver Notarzt.
Mit dem Besuch eins Kurses, in dem die einfachen Maßnahmen der Wiederbelebung erklärt werden, können Unsicherheiten abgebaut werden.
Um 17:21 Uhr erreichte Klaus Kolbenschlag das Buchener Krankenhaus. Er war nicht bei Bewusstsein, ein Beatmungsgerät versorgte die Lungen mit Luft – aber das Herz schlug wieder selbstständig und stabil. Johannes Jeschke, Kardiologe an den Neckar-Odenwald-Kliniken, diagnostizierte die Ursache des Kammerflimmerns: „Alle Untersuchungsbefunde deuteten auf einen Herzinfarkt hin, der in diesem Fall ganz akut ohne vorausgehende Beschwerden auftrat und das Kammerflimmern auslöste.“ Umgehend wurde die Verlegung zum Herzkatheter nach Bad Mergentheim organisiert, um 18:57 Uhr begann der Transport mit dem Notarztwagen unter Fortsetzung der intensivmedizinischen Maßnahmen. Seit langem besteht hier eine sehr gute Kooperation zur Versorgung von Herzinfarktpatienten. Im Rahmen der umgehend durchgeführten Untersuchung wurde die Diagnose bestätigt, das Gerinnsel in einem Herzkranzgefäß entfernt und mittels eines sogenannten „Stents“ die erfolgte Aufdehnung der Engstelle stabilisiert. Bis zum 04. Februar wurde die Beatmungstherapie fortgesetzt.
„Mir fehlen ein paar Tage“, sagt Klaus Kolbenschlag, der sich erst wieder bewusst an die Zeit auf der Buchener Intensivstation nach der Rückverlegung aus dem Caritas-Krankenhaus erinnern kann. Ansonsten gibt es keine Erinnerungslücken, das Gehirn hat aufgrund des beherzten Eingreifens der Kollegen keinen Schaden genommen. Die sofort durchgeführte Herzdruckmassage stellte die Durchblutung sicher, bis das Herz wieder zum Schlagen gebracht werden konnte.
Am 11. Februar konnte die Verlegung auf die Allgemeinstation erfolgen, und danach ging es zur Anschlussheilbehandlung. Wenige Wochen nach dem Ereignis nahm Klaus Kolbenschlag im Rahmen des „Hamburger Modells“ seine Arbeit wieder auf, und nach kurzer Zeit war er wieder vollzeitig tätig. Zwar muss er regelmäßig Medikamente einnehmen, die seine Herzkrankgefäße vor einem erneuten Verschluss schützen sollen, aber „Ansonsten darf ich mein Leben leben wie vorher – und das verdanke ich meinen Ersthelfern und der funktionierenden Rettungskette!“