Diagnose Brustkrebs: Für Frauen ist dies ein Schock. Aber auch Familien sind betroffen. Partnern und Kindern fällt es meist nicht leicht, mit der veränderten Situation klarzukommen. Bei einem Tag der offenen Tür des Brustzentrums am Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim wurden deshalb nicht nur neue medizinische Erkenntnisse zur Brustkrebsbehandlung und Strategien zum Gesundbleiben vorgestellt. Vielmehr lenkten die Veranstalter um Chefärztin Dr. Ursula Hurst den Blick auch auf Bedürfnisse von Kindern krebskranker Eltern.
Mit Diplompsychologin Sabine Brütting aus Frankfurt/Main war eine Referentin in Heppenheim, die die schwierige Situation vieler Kinder darstellte. Die Krebserkrankung eines Elternteils ist nicht allein Sache des Betroffenen. Sie ist „eine Familienangelegenheit“, so die Psychologin. Für Kinder sei Kommunikation wichtig, Schweigen der Eltern sei verkehrt. „Kinder spüren, dass etwas in der Familie nicht stimmt“, sagte Brütting. Auch laufen Eltern Gefahr, dass die Kinder von Dritten informiert würden, was gleichfalls folgenschwer sein kann.
Kinder wollen über die Krankheit und die Behandlung im Bild sein, ebenso über Krankenhausaufenthalte und über Veränderungen daheim. Wichtig sei, die Wahrheit zu hören, selbst wenn offen ist, wie sich die Situation entwickelt. „Eltern können sehr viel Vertrauen verlieren“, betonte Brütting und mahnte Offenheit an. Schließlich verändert sich durch die Erkrankung auch das Leben der Kinder. Und doch wünschen sie sich ein wenig Normalität, einen regelmäßigen Spieleabend zum Beispiel, oder auch Besonderes, wo sie die heimische Situation einmal hinter sich lassen können: Eine Übernachtung bei der besten Freundin, beim besten Freund kann eine Möglichkeit hierzu sein.
Oft fühlen sich Kinder ohnmächtig, manche haben sogar das Gefühl, schuld an der Erkrankung der Mutter oder des Vaters zu sein. Auch gibt es Ängste, selbst zu erkranken. Alldem sei im Gespräch zu begegnen. Schweigen sei falsch, Sabine Brütting sprach von „einem Teufelskreis der Schonung“ in einigen Familien. Ebenso müssen Reaktionen der Kinder aufgefangen werden. Manche machen in ihrer Entwicklung Rückschritte, andere ziehen sich in sich zurück, wieder andere werden in der Schule schlechter. Eltern sollten sich nach dem Befinden ihrer Kinder erkundigen, auch sollten sie Gefühle zeigen und bei alldem selbstverständlich gut für sich selbst sorgen, dies sei gleichfalls wichtig für Kinder.
Der Vortrag fand viel Beifall. „Ich bin froh, dass Sie das Plädoyer gegen die Sprachlosigkeit gehalten haben“, sagte Dr. Hurst an die Adresse von Sabine Brütting. Zugleich nutzte die Leiterin des Brustzentrums die Veranstaltung, um Neuzugänge in ihrem Team vorzustellen. Auch war das weiter verbesserte Leistungsspektrum des Zentrums in Folge der Übernahme des Kreiskrankenhauses durch das Universitätsklinikum Heidelberg Thema. Der Schulterschluss funktioniert, ebenso die externe Vernetzung. Beides wurde bei der Veranstaltung deutlich. Mit Dr. David Krug war ein Spezialist der Radioonkologie der Uniklinik dabei. Er sprach über die moderne Strahlentherapie beim Mammakarzinom. Und Dr. Tanja Lahaye, Hämatoonkologin am Medizinischen Versorgungszentrum coMed in Heppenheim, zeigte auf, wie das Gesundhalten eines Körpers eine Chance haben kann. Ebenfalls Teil des Programms: Eine Gesprächsrunde. Hier präsentierte der Katholische Frauenbund aus Heppenheim seine Aktion „Luzia“: Selbstgenähte Kissen in Herzform als wohltuende Polster für Frauen nach einer Brustoperation. Gleichzeitig stellte sich die Selbsthilfegruppe „Gemeinsam Stark“ vor. Zudem konnten sich die Veranstaltungsbesucher an Ständen über praktische Hilfe bei Brustkrebserkrankungen informieren. Nicht minder wichtig: Der Tag der offenen Tür war eine Plattform für Gespräche von Betroffenen miteinander und mit Experten