Der Zuspruch des Publikums zur Ausstellungseröffnung in der Pfalzbibliothek Kaiserslautern war überwältigend: Nahezu 150 Besucherinnen und Besucher lauschten dem Vortrag von Institutsdirektor Roland Paul, der das Schicksal der jungen Jüdin Carola Tuteur und ihrem Bruder Claus beleuchtete, deren Spur sich 1944 im Konzentrationslager Auschwitz verlor.
Auch Zeitzeugen, die die Kaiserslauterer Familie Tuteur gut gekannt hatten, wie beispielsweise eine ehemalige Schulkameradin Carolas, waren unter den Gästen. Passend zum Thema gestaltete das Trio „Present Art Collection“ (Helmut Engelhardt, Martin Haberer und Günter Frölich) den Abend mit Klezmermusik. Herzstück der Ausstellung „Mög‘ der Himmel dich bewahren“, die die stellvertretende Pfalzbibliotheksleiterin Claudia Germann zusammengestellt hat, ist das Poesiealbum von Carola Tuteur, das die Bibliothek des Bezirksverbands Pfalz von einem belgischen Antiquar erwerben konnte. Es enthält zahlreiche Einträge, die Angehörige, Lehrerinnen und Freunde verfasst hatten. Zudem sind unter anderem ein Brief Carolas an ihre Eltern, Fotos, Dokumente sowie Nachrichten zu sehen, die die Großmutter der Kinder über den Auslandsdienst des Deutschen Roten Kreuzes an deren Eltern nach England geschickt hatte.
Carola Tuteur war die Tochter des in Kaiserslautern niedergelassenen Rechtsanwalts Paul Tuteur und seiner Frau Charlotte. 1925 geboren, wuchs sie mit ihrem zwei Jahre jüngeren Bruder Claus im Elternhaus in der Alleestraße 10 auf. Mit der Machtübernahme 1933 begann für die Familie eine schwere Leidenszeit. Die Kinder wurden 1938 nach Belgien gebracht, wo die Eltern sie in Sicherheit glaubten. Als die Tuteurs 1939 nach England emigrierten, misslang der Versuch, die Kinder zu sich zu holen. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Belgien 1940 wurden die Kontakte immer weniger, bis sie schließlich ganz abbrachen. Carola und Claus, die bis Weihnachten 1943 in einem Versteck bei Brüssel lebten, wurden durch einen dummen Zufall von NS-Schergen gefasst, gefoltert, interniert und an Ostern 1944 nach Auschwitz deportiert.
Da ihr genaues Todesdatum nicht bekannt ist, steht auf der 1955 verfassten Todeserklärung das Datum des Kriegsendes, der 8. Mai 1945. Paul und Charlotte Tuteur, die 1946 aus England in die Pfalz zurückkehrten, haben den Tod ihrer Kinder im Konzentrationslager nie verwunden. Er starb 1952 im Alter von 71 Jahren als gebrochener Mann, seine Frau überlebte ihn um 16 Jahre. Ihre letzte Ruhe fanden beide auf dem jüdischen Friedhof in Kaiserslautern.
Die Ausstellung „‚Mög‘ der Himmel dich bewahren‘: Aus dem Poesiealbum der Jüdin Carola Tuteur (1925-1945)“ ist bis 31. Januar in der Pfalzbibliothek Kaiserslautern, Bismarckstraße 17, montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr und samstags von 10 bis 14 Uhr zu sehen (Eintritt frei). Bei Bedarf führt Roland Paul Schulklassen durch die Ausstellung; Lehrkräfte sollten sich unter der Telefonnummer 0631 3647-111 anmelden.