Heute stellten die Kulturdezernentin der Landeshauptstadt Mainz, Marianne Grosse, und Dr. Annette Ludwig, Direktorin des Gutenberg-Museums, die einzigartige Miniaturbuchsammlung des Gutenberg-Museums vor:
Durch den Ankauf der Sammlung von Heinz Müller im August 2012 verfügt das Gutenberg-Museum nun über eine der umfangreichsten Miniaturbuchsammlungen überhaupt.
Hand auf's Herz: Haben Sie nie heimlich während des Vokabeltests die Wörter, die Sie nicht wussten, in einem Minilexikon nachgeschlagen? Es ist noch nicht lange her, dass man Kalender, Reiseführer, Lexika oder Kochrezepte nicht auf einem Mikrochip, sondern zwischen zwei Buchdeckeln aufbewahrte. Der Datentransport kann so schnell in körperliche Schwerstarbeit ausarten. Deshalb bemühte man sich schon früh, Bücher, die einen ständig begleiteten, handlich und leicht zu gestalten. Mittelalterliche Gebetsbücher sind dafür ein gutes Beispiel. Auch die Rokokodamen steckte gerne ein Bändchen mit Liebesgedichten zwischen Riechsalz und Puder in ihren Pompadour, und die jungen Herren auf Kavalierstour wussten die Reiseführer im Taschenformat zu schätzen.
Das Miniaturbuch mit einer maximalen Größe des Buchblocks von 10 x 10 Zentimetern gehört zu den verführerischsten Vertretern der Buch- und Druckkunst. Dieser Verführung erlag der gelernte Schriftsetzer Heinz Müller in zweifacher Hinsicht: Er brachte selbst Miniaturbücher heraus, vor allem aber sammelte er Exemplare aus allen Epochen und aus aller Welt. Er gehört zu den Gründern des einflussreichen „Sammlerkreis Miniaturbuch e.V. Stuttgart", publizierte als Chefredakteur eine internationale Fachzeitschrift und prägte die Welt des kleinen Buchs nachhaltig. Als er 2008 verstarb, hinterließ er eine der bedeutendsten Miniaturbuch-Sammlungen Europas. Im August 2012 gelang dem Gutenberg-Museum mit Mitteln der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, der Stif-tung der Rheinland-Pfalz Bank, der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e.V., des Fördervereins Gutenberg e.V. und der Stiftung Moses, diesen Nachlass von der Witwe zu erwerben.
Die Tatsache, dass das Gutenberg-Museum vor diesem Ankauf nur etwa hundert Miniaturbücher von heterogener Qualität besaß, erklärt sich unter anderem aus der schwierigen Marktlage: Ein gezieltes Sammeln ist kaum möglich, da wichtige Stücke nur selten auf dem Markt verfügbar sind. Umso glücklicher ist der Umstand zu bewerten, dass sich die Gelegenheit zu einer solchen Erwerbung ergab
Jetzt sind die bibliophilen Kleinode katalogisiert und damit der Öffentlichkeit zugänglich. Büchlein in Nussschalen und Münzen, winzige Leporellos und „dos-à-dos“ (deutsch: Rücken an Rücken) und Beutelbücher: Sie alle sind nach Voranmeldung in der Grafischen Sammlung des Gutenberg-Museums einzusehen. Ob sich auch das kleinste Buch der Welt darunter befindet, ist Definitionssache. Wenn es, wie von Kennern gefordert, noch benutzbar sein muss, hat das Gutenberg-Museum gute Chancen. Ansonsten hat das Miniaturbuch auch hier Konkurrenz von einer Bibel auf einem Nano-Chip.